1. Ein geschichtlicher Streifzug
Teiche sind seit Karl dem Großen, also seit 1200 Jahren bekannt. Die Gewässer dienten als Wassergräben zur Verteidigung, als Löschteiche zum Feuerschutz, als Tränk- und Gänseweiher für Haustiere, als Speicherbecken für Mühlen.
In all diesen Gewässern bot es sich an, Karpfen zu halten und heranzuziehen. Dieser Fisch stellte nämlich die wenigsten Ansprüche und er eignete sich bestens zur Zucht, die wegen des hohen Fischpreises auch lohnenswert war.
Wir in Röttenbach hatten jedenfalls schon frühzeitig den Schloßgraben als Wassergraben und den Mühlweiher, andere Weiher vermutlich früher. Zwischen 1300 und 1500 wurden die meisten Weiher angelegt, denn mit Fischen (Karpfen) erzielten die Bauern wesentlich höhere Preise als mit dem Vieh. Die Arbeit war auch weniger aufwändig, weil extensiv.
Blicken wir auf die Zeit vor 700 Jahren zurück - wir denken uns Höfe und Häuser weg - dann sehen wir den Röttenbachgraben an der tiefsten Stelle des Geländes von Nord nach Süd fließen. Von Osten, vom Markwald, Kühtrieb und Mühlberg, von Westen vom Aischerberg, vom Rinnig, Buschhorn und Kaibach, vom Steinberg mit Haderholz drängen die Wasser mal mehr, mal weniger zum Bach hin. Vor ein paar Jahren wurden wir wieder einmal Augenzeugen dieser uralten Naturerscheinung. (Schmerzlich für einige Mitbürger!)
Wegen der ständig drückenden Wassermengen war das Gelände zu beiden Ufern des Baches, allerdings mehr nach Westen zu sumpfig und zur Nutzung kaum geeignet. Hier konnten auch keine Höfe angelegt werden. Diese mußten genügend weit weg vom Bach und höher im Gelände liegen. Wer heute von der Kapellenstraße hinunter zum Kirchenweg läuft, kann sehen, das am weitesten weg vom Bach die Höfe liegen. Die großen Scheunentore lassen sich nach hinten (Osten) zu den Wiesen öffnen, sinnigerweise hießen diese Hofwiesen. Sie brachten wegen der Feuchtigkeit genügend Gras. Daran schloss sich das Sumpfgebiet in Bachnähe an. In diesem Ödlandstreifen legten nun die Dörfler die Weiher an. Es entstand die große Weiherkette vom Alten See bis hinunter zum Mühlweiher. Die äußerst schweißtreibende Arbeit des Weiherbaus musste in den Wochen nach der Ernte, im späten Oktober und im November bewältigt werden. TBC, eine Volkskrankheit bis lange nach dem 2.Weltkrieg, forderte damals unter den Männern viele Opfer.
Heute stehen auf einem nicht geringen Teil dieser Weiherkette Wohngebäude. Es ist bekannt, das mancher Hausbesitzer mit einer Pumpe das Grundwasser entfernen muss. Unser Rathaus, auf dem früheren Hans-Gergn-Weiher errichtet, wurde mit diesem Grundwasser und mit Hilfe einer Wärmepumpe zum Teil beheizt.
Als schließlich um 1700 mit der Trockenlegung vieler Teiche in unserem Land begonnen wurde - Grund waren die nun sinkenden Fischpreise - und als um 1850 deswegen nur noch 1/5 des alten Teichbestandes erhalten blieb, verschwand von unseren Röttenbacher Weihern kaum einer, ebenso wie im gesamten Aischgrund. Alle diese Weiher liegen nämlich auf den sehr dürftigen Böden des Buntsandsteins, durchzogen von wasserundurchlässigen Lehmschichten und taugen zu nichts anderem, höchstens noch zu einem ebenso dürftigen „Steckerlaswoald".
Die älteren Röttenbacher erinnern sich noch an die vielen Sandsteinbrüche bei uns. Namen, wie „im Sand" oder „Sandfeld" sind auch noch Zeugen dieses Buntsandsteins und im Rahmen der Sandachse wieder im Gespräch.
Als 1844 die Pfarrkirche vergrößert werden musste, konnte der Bau erst begonnen werden, nachdem ein Pfahlrost aus 87 Pfählen und 48 Pfahlschuhen in den sumpfigen Untergrund gerammt worden war. Dieses Grundwasser, auf dem unsere Kirche „schwimmt", arbeitet weiter. An den Säulen und Außenwänden erkennen wir trotz aller Restaurationen die Tätigkeit des Wassers. (Anm.: „Die Hannberger waren schlauer. Ihre Kirche thront weithin sichtbar auf einer Anhöhe.)
Gegen 1880 wendete sich das Blatt erneut. Trockengelegte Weiher wurden nun wieder unter Wasser gesetzt, doch erst, nachdem sie mit größter Plage (Handarbeit) entlandet worden waren. Bei uns kam es sogar zu Neuanlagen von Teichen. (Name: Neuer See)
Ab 1950 übernahmen mehr und mehr Maschinen die Ausbesserung und Entlandung. Ein tieferer Weiher übersteht besser die heiße, trockene Jahreszeit, gibt dem Reiher keine Chance zum Fischen, lädt jedoch heute den Kormoran ein zu seinen gefürchteten Tauchgängen.
Ein Meister des modernen Weiherbaus war in den 50er und 60er Jahren unser Ottn Gerch. Mit Hilfe seines Kasten Biers als „Wasserwaage" vollbrachte er sein exaktes Tagewerk im Aischgründer Teichbau.
2. Die Teiche heute
1. Sie bilden wieder eine Lebensgemeinschaft von Wasser - Pflanzen - Tieren - Menschen, eine Gemeinschaft, in der einer für den anderen da ist, aber auch gegen ihn. Fressen und Gefressen werden heißt die Devise. Rund um die Uhr gäbe es zahlreiche Beispiele davon. Der Frosch freut sich an erbeuteter Mücke, da schnappt ihn die Ringelnatter, die kurz darauf Beute des Storches wird!
Der Teichwirt muss heute für ein vernünftiges Gleichgewicht sorgen, z.B. einen Pflanzengürtel erhalten für Insekten, Vögel u. a., aber auch Bisam und Kormoran in Schranken halten. Was wäre Röttenbach ohne die Sommermusik der Frösche, ohne den majestätischen Flug und das rhythmische Klappern der Störche? Beide, Frosch und Storch, sind wieder Zeichen einer fast intakten Umwelt.
2. Unsere Teiche zählen zur Kulturlandschaft. Die Weiherketten müssen aus Wirtschaftsgründen, aber auch auf Grund des Naturschutzes erhalten bleiben.
3. Schließlich sind unsere Weiher Wasserspeicher, die Quell-, Regen-, und Schmelzwasser nicht sofort abfließen lassen und die für ein besonderes Kleinklima, ich nenne es die gesunde „Röttenbacher" Luft, sorgen.
3. Röttenbach und seine Weiher
1. Im Röttenbacher Heimatlied heißt es: „Große Wälder rahmen deine Weiherketten ein..." Die großen Wälder sind der Haderwald und der Markwald. Weiher reihen sich von Norden nach Süden, von Osten nach Westen und von Westen nach Osten aneinander und bilden Perlenketten gleich eine bezaubernde, glitzernde Landschaft.
Unsere Weiherketten, sechs an der Zahl:
Die Hauptachse Nord-Süd: vom Altensee zum Mühlweiher und weiter.
Von Osten kommend:
a) Von den Schübelsweihern über den Forchheimer Weg zum Bach
b) Vom Dritten Teil und vom Katzengraben Richtung Weiherstraße weiter zur Kläranlage.
Von Westen kommend:
a) Vom Buschhorn = Buschem übers Brünnla (Pregla), neue Kleinweiher zum Neuen See und weiter vom Dümpfl bis zum Bach.
b) Von den Eggartenweihern (Ächetsweiher) über die Klingenweiher und das Lohmühlgebiet zum Bach.
c) Von Klebheim kommend an der Flurgrenze entlang die Kette am Alten Bach bis zur „Röhrbruckn" und weiter zum Bach.
Alle Weiherketten vereinigen sich beim Bach und bilden eine große Seenplatte bis hinunter zum oberen Bischofsweiher.
2. Die Röttenbacher Weiher besitzen Privatleute, die Gemeinde und die Kirche. Die stolze Zahl von „Gmaa- und Pfarrweihern" wird verpachtet an Interessenten, von denen es genügend gibt, weil Altbürger, aber auch Neubürger Weiherfreunde sind. Man kann getrost sagen, das ein echter Röttenbacher Bub mit Gummistiefeln schon auf die Welt kommt.
4. Der „Weiher" in unserem Sprachgebrauch
Jeder Teich besitzt die „Schlegelgrubn". Über eine Holzrinne konnte das Wasser daraus abfließen. Der „Schlegel", der konisch angepasst die Rinne verschloss, hielt das Wasser auf. Wurde er in die Rinne eingeführt, hieß dies: „den Weiher stecken". Sollte gefischt werden, wurde der Schlegel „gezogen" und durch den „Fischhut" (aus Weidenzweigen geflochten) ersetzt. Das Wasser konnte ablaufen, Fische wurden aufgehalten. Heute noch heißt es bei uns: „Der Adolf ziecht sein Weiher." Jeder Weiherbesitzer kennt die Ablaufzeit. Erst danach ist der Teich „fischig". Mit „Fischhammern" (von Hamen) wird abgeerntet. Nach dem Abernten wird der Weiher für die „Soogfischer" frei gegeben. Doch sobald der Schlegel wieder steckt, ist diese Frist abgelaufen.
Wie der Schlachttag des Schweins, zählte früher auch das Abfischen zu den Festtagen, denn es folgte am Abend ein Festmahl. In großen Pfannen wurden einige Karpfen, mehrere Schleien und etliche „Bärschli" gebacken. Auch ein Hecht zählte dazu. Aus den Kopfknochen dieses Fisches setzten die Alten das „Leiden Christi" zusammen.
Die Kinder freuten sich bei diesem Mahl auf das „Ingraisch" von Milchner und Rogner. Nicht verkaufte Fische konnten in den sogenannten „Fischstuben" mehrere Wochen sicher aufbewahrt werden.
Im Winter wurde auf dem „Hans-Gergn-Weiher" „geist" (= geeist), auf den losen Eisplatten, den „Schuldern" (wohl von Scholle) fuhren wir Buben. Die geschlagenen „Schuldern" brauchte der Sauer (Brauerei) für die heißen Sommer zur Kühlung des Bieres. Er besaß dafür (heute noch) einen Eiskeller.
An Pflanzennamen gehörten zum Sprachgebrauch die „Meerlinsen", die „Schlotfecher", der „Kolmes", dessen würzige Frucht als „Zigarre" für Buben diente und die an Fronleichnam das ganze Dorf mit wohligem Aroma einhüllte. Besonders gefragt waren die „Weiherhenkeli". Bei Tieren sprachen wir vom „Wasserduckerla", vom „Weißbauch" (Reiher) und vom „Miestheinkl".
5. Erwähnenswerte Ereignisse
1. In der Nacht vom 4. auf 5. Februar 1925 hütete Andreas Haagen - 23 Jahre alt - einen Karpfenweiher. Zwei Fischdiebe gingen in dieser Nacht mit Fangnetz und Sack auf Fischzug. Der eine der beiden, ein Röttenbacher, führte eine Pistole mit sich. Da auch A. Haagen eine Handfeuerwaffe hatte, kam es nach kurzem Wortwechsel zum Schusswechsel. A. Haagen starb zwei Tage später in der Klinik in Erlangen wegen der Schusswunde, der Dieb = jetzt Räuber nach 14 Tagen an den Folgen des Beinschusses. Der 3. Beteiligte erhielt zwei Jahre Zuchthaus.
2. 1945: Im August dieses Jahres vergnügten sich Röttenbacher Schüler und Jugendliche am Kleinen Bischofsweiher beim Baden. Amerikanische Soldaten weilten auch dort. (Beliebter Sport war das „Kippenstechen".) Es kam ein Sturm auf. Der 14-jährige Ludwig Geist ging unter. Die Soldaten konnten ihn trotz vieler Tauchgänge nicht mehr finden.
3. In der Zeit von 1936 bis 1945 lag ein großer schlanker Schelch am Ufer des oberen Bischofsweihers. „Däsndorfer un Röddnbocher" Jugendliche stachen damit auf hohe See. Nicht immer friedlich!
4. Ein Augusttag 1955: Verheerende Flutwelle in Röttenbach! Innerhalb von Minuten ergossen sich bei einem Gewitter Wassermassen von nie gekanntem Ausmaß über das Dorf. Weiherdämme im Bereich Forchheimer Weg brachen. Die Flutwelle riss bei Fam. Biermann eine ganze Hausecke mit. (heute Ringstraße südlich vom Rathaus) Der große Mühlweiher brach auf einer Länge von zehn Metern. Auf der Hauptstraße - Einmündung Mühlberg schwammen die Fische zu Hunderten.
5. 1979: !„Karpfenbiss"! ging durch die Presse. Kämmerer W. Semmelroth, damals tätig in der Verwaltungsgemeinschaft Hemhofen-Röttenbach mit Sitz in Hemhofen wurde Opfer eines bisswütigen Karpfens, so die Bildzeitung! Wer ihr glaubt, wird selig!
„Du bist doch a rechter Miestheinkl"
Diese aus der Fischersprache unserer Heimat stammende Redensart kennen wohl nur noch die älteren Röttenbacher. Erstmals begegnete ich dem Miestheinkl in den späteren 40er Jahren am „Dreckigen Weiher" meines Großvaters, des Kremers-Bauern, bei der „Röhrbruckn" drunten. Der Allis fischte in den letzten Schlammlöchern wohl nach einigen Schleien. Das war in dem mit Quellen nur so bestückten Weiher nicht ganz ungefährlich, und so lagen zur schnellen Hilfeleistung immer die Bretter vom Bauernwagen bereit. Beim Wühlen im Schlamm schrie der Allis kurz auf, ein „Viech" hatte ihn gezwickt, sogleich schleuderte er es in das am Weiherdamm glimmende Feuer, das zum Wärmen in diesen kalten Novembertagen geschürt wurde. Mir, dem Zehnjährigen, tat der schlangenartige Fisch leid. Ich stützte ihn mit einem Zweig aus der Glut und brachte ihn in sein Lebenselement zurück. Diese „gute" Tat nutzte freilich dem Miestheinkl nichts mehr. Ich verstand das aber damals noch nicht.
Wenn jedoch meine Mutter und die Großmutter vorwurfsvoll zu mir sagten: „Du bist doch a rechter Miestheinkl", wußte ich, was sie damit meinten. Wir Buben des Ortes kamen damals halt nicht als die Saubersten nach Hause.
„Miestheinkl": fränkische Bezeichnung für den Schlammpeitzker zu den karpfenartigen Fischen zählend, lateinisch Misgurnus fossilis.
Wer so lebt und dessen Namen ein „Mis" beinhaltet, ist im wahrsten Sinn ein „Miestheinkl".
6. Karpfenzucht in Röttenbach
Gemeindeordnung 1615
Schon zur damaligen Zeit mußte die Gemeinde eine Anzahl von Weihern in Besitz haben.
Diese Weiher wurden in Gemeinschaftsarbeit gereinigt. Um Michaeli (29. September) wurde gefischt, und zwar folgendermaßen:
Der Ertrag wurde dann nach der Anzahl und Größe der Gemeinderechte verteilt oder zu Gunsten der Gemeinde verkauft.
Während der Zwischenzeit der Räumung der Weiher mußten die Dorfmeister für neuen Besatz sorgen, damit die Gemeinde von ihrem Fischrecht Gebrauch machen konnte.
Fischerei-Verkaufs-Vereinigung Röttenbach - 1903-1910
Um den Weiherbesitzern bessere Absatzmöglichkeiten für ihre Erzeugnisse zu verschaffen, wurde am 9. August 1903 in Höchstadt die Fischerei-Verkaufs-Vereinigung mit Sammelstelle in Röttenbach gegründet.
In dieser Versammlung wurde ein Ausschuß von 5 Mitgliedern gebildet. Er bestand aus folgenden Personen:
1. Adam Güthlein, Ökonom in Röttenbach als Vorstand
2. Heinrich Nüßlein, Pfarrer in Röttenbach
3. Adam Lunz, Ökonom in Förtschwind
4. Johann Adam Dittrich, Ökonom in Wiesendorf
5. Josef Schwarz in Poppenwind.
17 Mitglieder sind unterschrieben, darunter von Röttenbach: Georg P. Güthlein, Adam Baumüller, Anton Haagen, Johann Böhm.
Diesen schlossen sich am 17. August 1903 18 Mitglieder an. Unter diesen waren von Röttenbach: M. Schwab, L. Müller 53, Kath. Müller 70, Johann Keiner, Johann Leonhard Marr, Johann Müller 18, Johann Bärthlein, Maria Späth; von Hemhofen: Johann Grau, J. Gg. Schwab, Winkler von Mohrenfels.
Am 1. September 1903 schloß man sich dem Kreisfischereiverband von Oberfranken in Bayreuth an. Dieser Verein hatte aber keine lange Lebensdauer.
Durch Beschluß der Generalversammlung vom 21. Dezember 1910 wurde der Verein aufgelöst. Liquidatoren waren die 3 Vorstandsmitglieder.
Der Grund läßt sich aus verschiedenen Briefen ersehen.
Schon 1906 zeigten die Rechnungen einen Verlust von 1.821,74 RM (Reichsmark).
Im Jahre 1908/09 hatte man einen Verlust von 168,70 RM.
Zu diesen Verlusten kamen die Prozesse, die der Verein führen mußte.
Während dieser Zeit wurden die Fische geliefert nach: München, Coburg, Schwabach, Erfurt, Gotha, Suhl, Gera, Neuhaus, Chemnitz.