Der Röttenbacher Karpfenführer

Grafik Karpfen
Teil 1 - Landschaft und Geschichte
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Röttenbach liegt inmitten des Aischgrundes. Der Aischgrund ist neben der Tirschenreuther Teichpfanne in Oberpfalz und der Lausitz in Sachsen und Brandenburg das bekannteste Teichgebiet in Deutschland. Er ist benannt nach dem Flüsschen Aisch und liegt etwa in einem Dreieck, das die Städte Nürnberg, Bamberg und Neustadt an der Aisch bilden. Die Landschaft ist geprägt von einer Vielzahl an Teichen.

Die Teichwirtschaft ist kleinstrukturiert und erfolgt meist im bäuerlichen Nebenerwerb. Im Aischgrund gibt es derzeit etwa 4000 Teiche mit einer Fläche von etwa 3500 ha, die etwa von 1200 Teichwirten bewirtschaftet werden. Die Teiche sind im Aischgrund, neben dem Anbau von Meerrettich und dem Anbau von Kräutern, eine wichtige Sonderkultur und daher Erwerbsgrundlage der Landwirtschaft. Die Teichwirtschaft ist ein bedeutender wirtschaftlicher aber auch kultureller Faktor, der nicht nur die reizvolle Landschaft sondern wesentliche Züge der gesamten Region prägt.

Die geologischen Voraussetzungen und die Böden des Aischgrundes sind eine der wichtigen Voraussetzungen für den Bau der Teiche. Der Aischgrund gehört zum fränkischen Keuperbergland. Die vorherrschende Formation ist der Sandsteinkeuper. Der Aischgrund umfasst nur einen Teil des Einzugsgebietes der Aisch selbst. Das Teichgebiet wird geprägt von den Flüssen Ebrach, Aisch, Seebach und Aurach. (HUBERT, 1991) Im mittleren Aischgrund bilden wasserundurchlässige Keupertone die Grundlage der vielen Weiher. Der mannigfaltige Wechsel zwischen Sandsteinschichten und tonigen, wasserstauenden Schichten des Burgsandsteines, das schwache Gefälle der Täler, die zahlreichen, zur Versumpfung neigenden Quellen und die für die Landwirtschaft nur bedingt tauglichen Böden waren für die Entwicklung bzw. Erhaltung dieses Teichgebietes förderlich. (HOFMANN, 1935) Der Aischgrund ist mit 8 - 9° C durchschnittlicher Jahrestemperatur eines der wärmsten Teichgebiete Deutschlands. Der Minimumfaktor im Aischgrund ist die Wasserversorgung. Die jährlichen Niederschlagsmengen betragen durchschnittlich etwa nur 600 mm. Die Teiche liegen meist an den Hängen der flachen Hügel. Sie werden in der Regel nicht von Bächen oder Flüssen gespeist. Sie erhalten das benötigte Wasser meist im Herbst und Frühjahr direkt aus den Niederschlägen und dem sich in einem kleinen Einzugsgebiet sammelnden Wassers. Daher werden diese Teiche "Himmelsteiche" genannt. Um Wasser zu sparen sind die Teiche in sog. Teichketten hintereinander geschaltet. Diese sind bisweilen kilometerlang. Beim Abfischen der Teiche wird das Wasser in den jeweils unterliegenden Teichen gestaut und erneut zur Fischproduktion verwendet. So kann es viele Jahre dauern, bis ein Regentropfen, der in den obersten Teich einer Teichkette gelangte vom untersten Teich der Teichkette beim Abfischen in den Vorfluter entlassen wird. In niederschlagsärmeren Jahren kommt es häufig zu kritischen Situationen.

Die Anfänge der Teichwirtschaft lassen sich auf Kaiser Karl den Großen (MÜCK, 1991) zurückführen. In der Schrift "Capitulare de villis", einer Wirtschaftsordnung, die um 795 erschien, heißt es:
"Auf unseren Gütern (Königshöfe) soll jeder Amtmann die Fischteiche, soweit vorhanden , erhalten und wenn möglich erweitern; wo sie fehlen aber doch sein könnten, soll man sie neu anlegen."

Da der Aischgrund eine vergleichsweise niederschlagsarme Region ist, wurden schon bald Lösch-, Gäns- und Tränkweiher sowie Teiche als Wasserspeicher zum Antrieb von Mühlen gebaut. Angaben zwischen den Jahren 800 und 1350 fehlen jedoch.

Eng mit der Entwicklung der Teichwirtschaft war auch die Entwicklung des Bistums Bamberg verbunden. Dieses wurde 1007 von Kaiser Heinrich II gegründet. Aufzeichnungen über die Teichwirtschaft sind jedoch erst ab etwa 1350 vorhanden. Sehr früh erwähnt sind die Teiche in Saltendorf und Kieferndorf. Zwischen 1413 und 1422 wurden diese von Lampert, Abt des Klosters Michelberg, gebaut. Von da an gibt es verschiedene Quellen, die über den Teichbau, Teichbesitz und die Bewirtschaftung der Teiche Zeugnis geben. Eine wertvolle Quelle sind hierbei die sog. "Seemeisterrechnungen". Dies sind Aufzeichnungen der vom Bistum zur Bewirtschaftung der Teiche eigens angestellten Seemeister.

Vom 14. bis zum 16. Jh. kam es im Aischgrund wie auch in anderen Regionen Europas zu einer Blüte der Teichwirtschaft.
Ein entscheidender Grund hierfür waren die hohen Fischpreise. Karpfen waren 6 mal so teuer wie Schweinefleisch und 7 mal so teuer wie Ochsenfleisch und 9 mal so teuer wie Schaffleisch. Den Teichwirten ging es daher damals richtig gut. Auch Johann Dubrav (1486-1553) betont die große Wirtschaftlichkeit der Karpfenteichwirtschaft: "Fischteiche sind das fruchtbarste und daher den größten Wert schaffende Gebiet der Landgüter"

Im Aischgrund gab es neben den Klöstern (z. B: Michelsberg, Schlüsselau, Stift St. Stephan in Höchstadt) und den Adelssitzen (Rittergut Neuhaus, Schlösser in Hemhofen, Birnbaum, Gottesgab, Pommersfelden, Reichmannsdorf, Weisendorf, Neuenbürg, Weingartsgreuth etc) auch bereits im Mittelalter die bäuerliche Kleinteichwirtschaft. Viele landwirtschaftliche Betriebe beschäftigen sich auch heute noch mit der Erzeugung von Karpfen. Dies ist sicherlich ein Grund dafür, dass der Karpfen in der Region nicht nur bei den Erzeugern, sondern auch in der gesamten Bevölkerung einen hohen Stellenwert einnimmt und allseits sehr geschätzt ist.

Teil 2 - Vermehrung

In der Karpfenteichwirtschaft werden heute im wesentlichen drei verschiedene Verfahren angewandt, um Fische zu vermehren.

Dubischteich
Ein sehr naturnahes Verfahren ist das Ablaichen im „Dubischteich". Dieser wurde Mitte des 19. Jahrhunderts in Schlesien von einem Fischmeister namens Dubisch entwickelt. Es handelt sich beim Dubischteich um einen kleinen, mit Gras bewachsenen Teich, der nur zur Laichzeit mit Wasser gefüllt wird. Unter heftigen Schlägen mit der Schwanzflosse treiben die Milchner die Rogner über einige Stunden vor sich her. Am Ende des Laichspieles steht das Ablaichen der Karpfen. Rogner pressen in kurzen Abständen ihre Eier ins Wasser. Ein Rogner hat bei 5 kg Lebendgewicht etwa 1 Million Eier. Diese kleben an den Gräsern fest. Die Milchner geben ihr Sperma ab. Befruchtete Eier benötigen bei 20°C Wassertemperatur etwa 3 bis 4 Tage, bis aus dem befruchteten Ei eine kleine Fischlarve schlüpft. Innerhalb von etwa drei Tagen verwandelt sich die Larve hin zum schwimm- und fressfähigen Fisch.

Vermehrung im Bruthaus
Das Verfahren nach Dubisch ist eine sehr naturnahe Form der Vermehrung. Es ist in der Karpfenteichwirtschaft noch weit verbreitet. Es besteht aber auch die Möglichkeit, im warmen Wasser im Bruthaus Fische zu vermehren.

Bürstenlaichverfahren
Fische werden in Becken gesetzt, deren Boden dicht mit langfädigen Bürsten ausgekleidet ist. Diese ersetzen die Gräser des Dubischteiches. Diese sind aus Kunststoff und haben den großen Vorteil, dass sie im Gegensatz zu den Gräsern unter Wasser nicht faulen und daher wiederholt genutzt werden können

Zugerglasverfahren
Befruchtete Eier werden hierbei in speziellen Gläsern erbrütet. Diese sind trichterförmig. Durch das untere, spitze Ende strömt Wasser in das mit Eiern gefüllte Glas und versorgt die Eier mit dem nötigen Sauerstoff. Fische müssen hierzu „abgestreift" werden. Mit sanftem Druck auf den Bauch der Rogner können die ovulierten Eier der Rogner in einer Schüssel aufgefangen werden. Auch das Sperma der Milchner kann vergleichsweise einfach durch Abstreifen gewonnen werden. Das Sperma einiger Milchner gibt man zu den Eiern hinzu und vermischt Sperma und Eier vorsichtig mit einer weichen Feder.

Teil 3 - Aufzucht

Zum Wachsen und auch zur Fortpflanzung benötigt der Karpfen warmes Wasser. Am wohlsten würde er sich bei einer Wasser­temperatur zwischen 20 und 25 °C fühlen. Diese Bedingungen findet er in Deutschland allenfalls während des Sommers. In die­ser Zeit vermehrt sich der Karpfen, er nimmt Nahrung auf und wächst. Das Alter eines Karpfens wird aus diesem Grund in der Teichwirtschaft nicht in Jahren, sondern in Sommern gezählt. Karpfen werden als einsömmerig, zweisömmerig bzw. dreisöm­merig oder K1, K2 und K3 bezeichnet. Der Karpfen hat daher ein langes Leben, bis er die Speisefischgröße erreicht. Erst nach drei Sommern erreicht der Karpfen in Deutschland etwa ein Gewicht von ein bis zwei Kilogramm. In der Fachsprache wird die übli­cherweise drei Jahre dauernde Erzeugung von Speisekarpfen daher auch als „dreisömmeriger Umtrieb" bezeichnet.

Eine wesentliche Nahrungsgrundlage in der Karpfenteichwirtschaft ist die Naturnahrung. Diese besteht aus Zooplankton (im Wasser schwebende Tiere) sowie aus Benthos- (im Teichboden lebende Tiere) und Phytaltieren (auf Pflanzen lebende Tiere); ergänzt wird sie durch Getreidezufütterung. Bei ausreichender Naturnahrung im Teich ist in der traditionellen Teichwirtschaft mit Getreidezufütterung eine bedarfsgerechte Ernährung der Fische gewährleistet.

Karpfenteichwirtschaft wird üblicherweise in Polykultur betrieben. Zu den Karpfen werden sogenannte Nebenfische im Karpfenteich besetzt. Traditionelle Nebenfische eines Karpfenteiches sind die Schleie, der Hecht und der Zander. Daneben werden auch Welse, Graskarpfen, Silberkarpfen, Störe, Barsche und Krebse gehalten.

Der dreisömmerige Umtrieb
Der dreisömmerige Umtrieb
Teil 4 - Unterhalt und Teichpflege

Teiche sind künstliche Bauwerke. Nicht nur im Rahmen der fischereilichen Nutzung, sondern auch zum Erhalt der Teiche sind Teichpflegemaßnahmen unerlässlich. Zur Erhöhung der Teichfruchtbarkeit (Aufkommen an Naturnahrung) sowie zur Gesunderhaltung des Fischbestandes (Verringerung von Parasiten und weiteren Krankheitserregern) ergreift der Teichwirt eine Reihe von Bewirtschaftungsmaßnahmen. Die Pflege des Teichbodens ist eine der Grundlagen für die Bewirtschaftung von Teichen. Eine wichtige Maßnahme in der Teichwirtschaft ist das Trockenlegen der Teiche. Es ist von großer Bedeutung, dass der Sauerstoff der Luft möglichst guten Zugang zur organischen Substanz des Teichbodens hat. Daher muss der Teichboden bestmöglich abtrocknen.

Der Teichwirt zieht Gräben, damit das im Schlamm gebundene Wasser abfließen kann. Auch erfolgt im Idealfall eine Bearbeitung des abgetrockneten Teichbodens.

Zur Steigerung der Teichfruchtbarkeit kann eine Kalkung des Teichbodens erfolgen. Der Teichwirt kann ebenso durch eine sog. Gründüngung das Aufkommen an Naturnahrung erhöhen. Dabei kann er z.B. Getreide auf dem abgetrockneten und bearbeiteten Teichboden ansähen und aufgehen lassen bevor der Teich erneut mir Wasser „bespannt" wird. Ebenso kann mit einer Gras-, Heu- oder Strohgabe die Entwicklung der Naturnahrung gefördert sowie Wasserwerte günstig beeinflusst werden.

Teil 5 - Abfischen

Die Abfischung ist die Ernte in der Teichwirtschaft. Hier zeigt sich für den Teichwirt erstmals der Ertrag der Mühen und Aufwendungen, die er das ganze Jahr über aufgebracht hat. Die Abfischung stellt für die Fische eine sehr kritische Zeit dar, da sie eine gewisse Zeit dicht gedrängt mit nur wenig Wasser auskommen müssen. An den Teichwirt werden in dieser Zeit sehr hohe Anforderungen gestellt. Er benötigt viele Kenntnisse, praktische Erfahrungen und Geschick, um seine Ernte möglichst schonend in die Hälterungen zu bringen. Ist der Teich "fischig", so wird der Wasserabfluss unterbrochen. Mit Hilfe des Zugnetzes können nun bei sauberer Fischsammelgrube und ausreichendem Wasserstand auch empfindliche Fischarten schonend abgefischt werden. Die Maschenweite des Zugnetzes muss derart gewählt werden, dass in den Maschen keine Fische hängen bleiben. Das Zugnetz wird bei hohem Wasserstand gezogen. Die Fische werden nur soweit zusammengedrängt, dass sie gut fangbar sind. Zuallererst werden empfindliche Fischarten, (z.B. Zander) aus dem Netz gefischt. Das Zugnetz wird so oft gezogen, bis ein Großteil der Fische bei dem noch hohen Wasserstand gefangen ist.

In der traditionellen Teichwirtschaft ist vor allem das Abfischen meist noch schwere Handarbeit. Neben dem Ziehen des Zugnetzes ist das Tragen der Fische aus dem Teich und das Verladen auf die Transportgefässe kräftezehrend. Die „fisch"freundlichste Witterung zur Abfischung – nämlich nass und kalt – entspricht nicht gleich der „fischer"freundlichsten Witterung. Gute, wasserabweisende und warme Kleidung ist daher zum Schutz der Arbeitenden wichtig.

Das Abfischen übt –trotz Schwere und Witterung – auf viele Menschen eine große Faszination aus.

Bei Tagesanbruch geht es hinaus in den oft noch nebelverhangenen Teich. Noch niemand weiß, was der Tag bringen wird. Viele Fragen gehen dem Teichwirt durch den Kopf: Wie groß sind wohl die Karpfen? Welche Fischarten haben sich über das Jahr noch im Teich entwickelt? Sind die Fische gesund? Bleibt das Wetter heute günstig? Läuft das Wasser richtig ab – nicht zu schnell und nicht zu langsam? Kommen auch alle Helfer? Reicht der Sauerstoff auf dem Transportfahrzeug? Es ist ein aufregender Tag – für die Karpfen und den Teichwirt und seine Helfer. Das Abfischen hat für die Menschen etwas Besonderes: Zum einen ist es das Fangen der Fische, das Menschen reizt. Außerdem ist es erfüllend zu Ernten. Am schönsten ist es viele, gut gewachsene und schöne Karpfen im Netz zu haben. Daneben ist es die Arbeit an sich, die reizt. Die schwere körperliche Arbeit in der Natur und im Schlamm des Teiches ist heute für viele eine willkommene Abwechslung zum heute üblichen Büroarbeitsplatz. Immer seltener gibt es für viele Arbeitenden heute noch körperliche Arbeit, die Zusammen mit anderen in der Gruppe ausgeführt wird.

Es führt ein wenig hin zu den Ursprüngen der Menschen. An der Arbeit beim Abfischen hat sich seit Jahrhunderten nicht viel geändert und es lässt sich daher behaupten: Das Abfischen eines Karpfenteiches – eines der letzten Abenteuer Europas!

Abfischen
Teil 6 - Das Lebensmittel Karpfen

Karpfen ist ein schmackhaftes und gesundes Nahrungsmitteln. Der Verzehr ist jedoch regional sehr unterschiedlich. Im Durchschnitt liegt der jährliche Fischverbrauch pro Bundesbürger bei etwa 15 kg. Der jährliche Verbrauch an Karpfen beträgt im Durchschnitt davon lediglich 0,2 kg. In den klassischen Karpfenregionen Bayerns – in der Oberpfalz und in Franken – gibt es eine Vielzahl von Karpfenliebhabern, die den Karpfen als Spezialität schätzen. Der Karpfenliebhaber geht zum Karpfenessen, weil ihm der Karpfen schmeckt. Neben dem guten Geschmack ist der Karpfen auch ein sehr wertvolles Lebensmittel. Er enthält wertvolles Eiweiß und gesundheitsfördernde langkettige Omega-3 Fettsäuren. In den Karpfenregionen Nordbayerns wird er in zahlreichen Fischküchen während der Karpfensaison überwiegend als halber Fisch gebacken angeboten. Allein im Aischgrund werden in der Karpfensaison von September bis April 750 t Karpfen , meist von der heimischen Bevölkerung – verzehrt. Diese Zubereitungsart ist weltweit einmalig. Der Karpfen ist ein Motor für die regionale Gastronomie. Zusehends finden auch neue Produkte Verbreitung. Durch die Möglichkeit des „Grätenschneidens" ist der Konsum auch für grätenscheue Verbraucher möglich. Das grätengeschnittene Karpfenfilet eröffnet eine Vielzahl von neuen Zubereitungsmöglichkeiten wie zum Beispiel „Karpfenchips" und Salat aus Räucherkarpfen und stößt auf steigende Beliebtheit.

Teil 7 - Natur

Die zahlreichen Teichketten im Aischgrund sorgen für eine großräumige Biotopvernetzung. Die Teiche wirken der zunehmenden Versiegelung entgegen, halten Wasser in der sehr niederschlagsarmen Gegend in der Landschaft zurück, tragen zur Grundwasserneubildung bei, verbessern das Kleinklima und mindern den Hochwasserabfluss.

Teiche sind die letzten Flachgewässer der Landschaft. Sie sind daher Lebensraum für viele seltene Tier- und Pflanzenarten .(Im Aischgrund haben sich durch die jahrhundertealte Bewirtschaftung einige äußerst seltene Arten erhalten. Hierzu zählen beispielsweise der Brehms Wasserschlauch, die gemeine Moosjungfer und der Moorfrosch. Drei Naturschutzgebiete mit beinahe 200 ha Fläche sind heute ausgewiesen. Um diese teilweise einmaligen Vorkommen in jedem Fall nicht zu gefährden werden heute etwa 50 ha Teichfläche nicht mehr zum Zweck der Produktion von Fischen, sondern vom dortigen Landratsamt und dem Bund Naturschutz zum Zweck der Erhaltung dieser Arten bewirtschaftet.

Daneben werden Teiche von Landwirten im Rahmen des Vertragsnaturschutzes und auch das Kulturlandschaftsprogramm bei geringerer Besatzdichte und verschiedenen vereinbarten Bewirtschaftungsauflagen bewirtschaftet. Neben den genannten äußerst seltenen Arten finden auch viele Vogelarten wie Storch, Schwarz- und Rotmilan, Reiher, Kormoran, Eisvogel, verschiedenen Enten (Schnatter- Kolben-, Reiher-, und Tafelenten), Zwerg- und Schwarzhalstaucher, Wasserrallen, Drossel- und Teichrohrsänger, Limikolen, und gelegentlich Fischadler ein attraktives Nahrungsangebot. In zoologischer Hinsicht hat der Aischgrund einen besonderen Stellenwert. Aber auch in der Vergangenheit kommt der Region für die Zoologie eine besondere Bedeutung zu. An erster Stelle ist hier Freiherr Ritter von Spix zu nennen. Johann Baptist Spix erblickte am 9. Februar 1781 ( gest. 1826) als Sohn des Baders und Bürgerrates als eines von 11 Kindern in Höchstadt an der Aisch das Licht der Welt. Schon bald wurde seine besondere Begabung erkannt. Vielleicht auch durch die besondere Artenvielfalt im Aischgrund erwecktes Interesse entwickelte er sich zu einem Zoologen ersten Ranges.

Aus der Reihe jener Gelehrten und Reisenden, welche in den ersten Jahrzehnten des 19. Jahrhunderts große Teile des südamerikanischen Kontinents einer systematischen Durchforschung unterzogen, ist Johann Baptist Spix nicht wegzudenken. Die über dreijährigen Forschungsreisen der Wissenschaftler Spix und Martius Anfang des 19. Jahrhunderts gehören bis zum heutigen Tag zu den herausragenden Anstrengungen, das einmalige Biotop Brasilien in das Bewusstsein vieler Menschen zu bringen. Sie steht gleichwertig neben den Forschungsreisen Alexander von Humboldts. Die botanische Ausbeute betrug 6500 Pflanzenarten, die Zoologische 85 Arten von Säugetieren, 350 Vögel, 130 Amphibien, 116 Fische, 2700 Insekten, 80 Spinnen und ebenso viele Krustentiere. Von den lebend mitgenommenen Tieren kamen 57 Affen und Papageien gesund in München an, wo auch Spix und Martius am 10. September 1820 nach dreieinhalbjähriger Abwesenheit eintrafen 1811 erschien seine als ungemein geistvoll eingeschätzte Schrift über die Geschichte und Beurteilung aller Systeme der Zoologie seit Aristoteles. Eine Vielzahl von Tieren und Pflanzen wurde erstmals nach Spix oder Martius benannt. Freiherr von Spix war Begründer der zoologischen Staatssammlung in München.

Schon im 19. Jh. wurde der Aischgrund durch den Pfarrer Andreas Johannes Jäckel ornithologisch berühmt. Er war der Autor der ersten Avifauna Bayerns. JÄCKEL hat 312 Vogelarten für Bayern nachgewiesen und anerkannt. Die Fischteiche des Aischgrunds heißen unter Kennern auch heute noch Jäckelweiher. An einem Gebäude nahe dem Wasserschloss Neuhaus vermeldet eine Steintafel: "Hier in dem früheren Pfarrhause wohnte der Pfarrer und berühmte Naturforscher JOHANNES JÄCKEL 1854 – 1860. JÄCKELs dortige Amtszeit dauerte aber vom Herbst 1853 bis zum Frühjahr 1861.

Teil 8 - Teichwirtschaft & Karpfenzucht in Röttenbach

1. Ein geschichtlicher Streifzug

Teiche sind seit Karl dem Großen, also seit 1200 Jahren bekannt. Die Gewässer dienten als Wassergräben zur Verteidigung, als Löschteiche zum Feuerschutz, als Tränk- und Gänseweiher für Haustiere, als Speicherbecken für Mühlen.

In all diesen Gewässern bot es sich an, Karpfen zu halten und heranzuziehen. Dieser Fisch stellte nämlich die wenigsten Ansprüche und er eignete sich bestens zur Zucht, die wegen des hohen Fischpreises auch lohnenswert war.

Wir in Röttenbach hatten jedenfalls schon frühzeitig den Schloßgraben als Wassergraben und den Mühlweiher, andere Weiher vermutlich früher. Zwischen 1300 und 1500 wurden die meisten Weiher angelegt, denn mit Fischen (Karpfen) erzielten die Bauern wesentlich höhere Preise als mit dem Vieh. Die Arbeit war auch weniger aufwändig, weil extensiv.

Blicken wir auf die Zeit vor 700 Jahren zurück - wir denken uns Höfe und Häuser weg - dann sehen wir den Röttenbachgraben an der tiefsten Stelle des Geländes von Nord nach Süd fließen. Von Osten, vom Markwald, Kühtrieb und Mühlberg, von Westen vom Aischerberg, vom Rinnig, Buschhorn und Kaibach, vom Steinberg mit Haderholz drängen die Wasser mal mehr, mal weniger zum Bach hin. Vor ein paar Jahren wurden wir wieder einmal Augenzeugen dieser uralten Naturerscheinung. (Schmerzlich für einige Mitbürger!)

Wegen der ständig drückenden Wassermengen war das Gelände zu beiden Ufern des Baches, allerdings mehr nach Westen zu sumpfig und zur Nutzung kaum geeignet. Hier konnten auch keine Höfe angelegt werden. Diese mußten genügend weit weg vom Bach und höher im Gelände liegen. Wer heute von der Kapellenstraße hinunter zum Kirchenweg läuft, kann sehen, das am weitesten weg vom Bach die Höfe liegen. Die großen Scheunentore lassen sich nach hinten (Osten) zu den Wiesen öffnen, sinnigerweise hießen diese Hofwiesen. Sie brachten wegen der Feuchtigkeit genügend Gras. Daran schloss sich das Sumpfgebiet in Bachnähe an. In diesem Ödlandstreifen legten nun die Dörfler die Weiher an. Es entstand die große Weiherkette vom Alten See bis hinunter zum Mühlweiher. Die äußerst schweißtreibende Arbeit des Weiherbaus musste in den Wochen nach der Ernte, im späten Oktober und im November bewältigt werden. TBC, eine Volkskrankheit bis lange nach dem 2.Weltkrieg, forderte damals unter den Männern viele Opfer.

Heute stehen auf einem nicht geringen Teil dieser Weiherkette Wohngebäude. Es ist bekannt, das mancher Hausbesitzer mit einer Pumpe das Grundwasser entfernen muss. Unser Rathaus, auf dem früheren Hans-Gergn-Weiher errichtet, wurde mit diesem Grundwasser und mit Hilfe einer Wärmepumpe zum Teil beheizt.

Als schließlich um 1700 mit der Trockenlegung vieler Teiche in unserem Land begonnen wurde - Grund waren die nun sinkenden Fischpreise - und als um 1850 deswegen nur noch 1/5 des alten Teichbestandes erhalten blieb, verschwand von unseren Röttenbacher Weihern kaum einer, ebenso wie im gesamten Aischgrund. Alle diese Weiher liegen nämlich auf den sehr dürftigen Böden des Buntsandsteins, durchzogen von wasserundurchlässigen Lehmschichten und taugen zu nichts anderem, höchstens noch zu einem ebenso dürftigen „Steckerlaswoald".

Die älteren Röttenbacher erinnern sich noch an die vielen Sandsteinbrüche bei uns. Namen, wie „im Sand" oder „Sandfeld" sind auch noch Zeugen dieses Buntsandsteins und im Rahmen der Sandachse wieder im Gespräch.

Als 1844 die Pfarrkirche vergrößert werden musste, konnte der Bau erst begonnen werden, nachdem ein Pfahlrost aus 87 Pfählen und 48 Pfahlschuhen in den sumpfigen Untergrund gerammt worden war. Dieses Grundwasser, auf dem unsere Kirche „schwimmt", arbeitet weiter. An den Säulen und Außenwänden erkennen wir trotz aller Restaurationen die Tätigkeit des Wassers. (Anm.: „Die Hannberger waren schlauer. Ihre Kirche thront weithin sichtbar auf einer Anhöhe.)

Gegen 1880 wendete sich das Blatt erneut. Trockengelegte Weiher wurden nun wieder unter Wasser gesetzt, doch erst, nachdem sie mit größter Plage (Handarbeit) entlandet worden waren. Bei uns kam es sogar zu Neuanlagen von Teichen. (Name: Neuer See)

Ab 1950 übernahmen mehr und mehr Maschinen die Ausbesserung und Entlandung. Ein tieferer Weiher übersteht besser die heiße, trockene Jahreszeit, gibt dem Reiher keine Chance zum Fischen, lädt jedoch heute den Kormoran ein zu seinen gefürchteten Tauchgängen.

Ein Meister des modernen Weiherbaus war in den 50er und 60er Jahren unser Ottn Gerch. Mit Hilfe seines Kasten Biers als „Wasserwaage" vollbrachte er sein exaktes Tagewerk im Aischgründer Teichbau.

2. Die Teiche heute

1. Sie bilden wieder eine Lebensgemeinschaft von Wasser - Pflanzen - Tieren - Menschen, eine Gemeinschaft, in der einer für den anderen da ist, aber auch gegen ihn. Fressen und Gefressen werden heißt die Devise. Rund um die Uhr gäbe es zahlreiche Beispiele davon. Der Frosch freut sich an erbeuteter Mücke, da schnappt ihn die Ringelnatter, die kurz darauf Beute des Storches wird!

Der Teichwirt muss heute für ein vernünftiges Gleichgewicht sorgen, z.B. einen Pflanzengürtel erhalten für Insekten, Vögel u. a., aber auch Bisam und Kormoran in Schranken halten. Was wäre Röttenbach ohne die Sommermusik der Frösche, ohne den majestätischen Flug und das rhythmische Klappern der Störche? Beide, Frosch und Storch, sind wieder Zeichen einer fast intakten Umwelt.

2. Unsere Teiche zählen zur Kulturlandschaft. Die Weiherketten müssen aus Wirtschaftsgründen, aber auch auf Grund des Naturschutzes erhalten bleiben.

3. Schließlich sind unsere Weiher Wasserspeicher, die Quell-, Regen-, und Schmelzwasser nicht sofort abfließen lassen und die für ein besonderes Kleinklima, ich nenne es die gesunde „Röttenbacher" Luft, sorgen.

3. Röttenbach und seine Weiher

1. Im Röttenbacher Heimatlied heißt es: „Große Wälder rahmen deine Weiherketten ein..." Die großen Wälder sind der Haderwald und der Markwald. Weiher reihen sich von Norden nach Süden, von Osten nach Westen und von Westen nach Osten aneinander und bilden Perlenketten gleich eine bezaubernde, glitzernde Landschaft.

Unsere Weiherketten, sechs an der Zahl:

Die Hauptachse Nord-Süd: vom Altensee zum Mühlweiher und weiter.

Von Osten kommend:

a) Von den Schübelsweihern über den Forchheimer Weg zum Bach

b) Vom Dritten Teil und vom Katzengraben Richtung Weiherstraße weiter zur Kläranlage.

Von Westen kommend:

a) Vom Buschhorn = Buschem übers Brünnla (Pregla), neue Kleinweiher zum Neuen See und weiter vom Dümpfl bis zum Bach.

b) Von den Eggartenweihern (Ächetsweiher) über die Klingenweiher und das Lohmühlgebiet zum Bach.

c) Von Klebheim kommend an der Flurgrenze entlang die Kette am Alten Bach bis zur „Röhrbruckn" und weiter zum Bach.

Alle Weiherketten vereinigen sich beim Bach und bilden eine große Seenplatte bis hinunter zum oberen Bischofsweiher.

2. Die Röttenbacher Weiher besitzen Privatleute, die Gemeinde und die Kirche. Die stolze Zahl von „Gmaa- und Pfarrweihern" wird verpachtet an Interessenten, von denen es genügend gibt, weil Altbürger, aber auch Neubürger Weiherfreunde sind. Man kann getrost sagen, das ein echter Röttenbacher Bub mit Gummistiefeln schon auf die Welt kommt.

4. Der „Weiher" in unserem Sprachgebrauch

Jeder Teich besitzt die „Schlegelgrubn". Über eine Holzrinne konnte das Wasser daraus abfließen. Der „Schlegel", der konisch angepasst die Rinne verschloss, hielt das Wasser auf. Wurde er in die Rinne eingeführt, hieß dies: „den Weiher stecken". Sollte gefischt werden, wurde der Schlegel „gezogen" und durch den „Fischhut" (aus Weidenzweigen geflochten) ersetzt. Das Wasser konnte ablaufen, Fische wurden aufgehalten. Heute noch heißt es bei uns: „Der Adolf ziecht sein Weiher." Jeder Weiherbesitzer kennt die Ablaufzeit. Erst danach ist der Teich „fischig". Mit „Fischhammern" (von Hamen) wird abgeerntet. Nach dem Abernten wird der Weiher für die „Soogfischer" frei gegeben. Doch sobald der Schlegel wieder steckt, ist diese Frist abgelaufen.

Wie der Schlachttag des Schweins, zählte früher auch das Abfischen zu den Festtagen, denn es folgte am Abend ein Festmahl. In großen Pfannen wurden einige Karpfen, mehrere Schleien und etliche „Bärschli" gebacken. Auch ein Hecht zählte dazu. Aus den Kopfknochen dieses Fisches setzten die Alten das „Leiden Christi" zusammen.

Die Kinder freuten sich bei diesem Mahl auf das „Ingraisch" von Milchner und Rogner. Nicht verkaufte Fische konnten in den sogenannten „Fischstuben" mehrere Wochen sicher aufbewahrt werden.

Im Winter wurde auf dem „Hans-Gergn-Weiher" „geist" (= geeist), auf den losen Eisplatten, den „Schuldern" (wohl von Scholle) fuhren wir Buben. Die geschlagenen „Schuldern" brauchte der Sauer (Brauerei) für die heißen Sommer zur Kühlung des Bieres. Er besaß dafür (heute noch) einen Eiskeller.

An Pflanzennamen gehörten zum Sprachgebrauch die „Meerlinsen", die „Schlotfecher", der „Kolmes", dessen würzige Frucht als „Zigarre" für Buben diente und die an Fronleichnam das ganze Dorf mit wohligem Aroma einhüllte. Besonders gefragt waren die „Weiherhenkeli". Bei Tieren sprachen wir vom „Wasserduckerla", vom „Weißbauch" (Reiher) und vom „Miestheinkl".

5. Erwähnenswerte Ereignisse

1. In der Nacht vom 4. auf 5. Februar 1925 hütete Andreas Haagen - 23 Jahre alt - einen Karpfenweiher. Zwei Fischdiebe gingen in dieser Nacht mit Fangnetz und Sack auf Fischzug. Der eine der beiden, ein Röttenbacher, führte eine Pistole mit sich. Da auch A. Haagen eine Handfeuerwaffe hatte, kam es nach kurzem Wortwechsel zum Schusswechsel. A. Haagen starb zwei Tage später in der Klinik in Erlangen wegen der Schusswunde, der Dieb = jetzt Räuber nach 14 Tagen an den Folgen des Beinschusses. Der 3. Beteiligte erhielt zwei Jahre Zuchthaus.

2. 1945: Im August dieses Jahres vergnügten sich Röttenbacher Schüler und Jugendliche am Kleinen Bischofsweiher beim Baden. Amerikanische Soldaten weilten auch dort. (Beliebter Sport war das „Kippenstechen".) Es kam ein Sturm auf. Der 14-jährige Ludwig Geist ging unter. Die Soldaten konnten ihn trotz vieler Tauchgänge nicht mehr finden.

3. In der Zeit von 1936 bis 1945 lag ein großer schlanker Schelch am Ufer des oberen Bischofsweihers. „Däsndorfer un Röddnbocher" Jugendliche stachen damit auf hohe See. Nicht immer friedlich!

4. Ein Augusttag 1955: Verheerende Flutwelle in Röttenbach! Innerhalb von Minuten ergossen sich bei einem Gewitter Wassermassen von nie gekanntem Ausmaß über das Dorf. Weiherdämme im Bereich Forchheimer Weg brachen. Die Flutwelle riss bei Fam. Biermann eine ganze Hausecke mit. (heute Ringstraße südlich vom Rathaus) Der große Mühlweiher brach auf einer Länge von zehn Metern. Auf der Hauptstraße - Einmündung Mühlberg schwammen die Fische zu Hunderten.

5. 1979: !„Karpfenbiss"! ging durch die Presse. Kämmerer W. Semmelroth, damals tätig in der Verwaltungsgemeinschaft Hemhofen-Röttenbach mit Sitz in Hemhofen wurde Opfer eines bisswütigen Karpfens, so die Bildzeitung! Wer ihr glaubt, wird selig!

„Du bist doch a rechter Miestheinkl"

Diese aus der Fischersprache unserer Heimat stammende Redensart kennen wohl nur noch die älteren Röttenbacher. Erstmals begegnete ich dem Miestheinkl in den späteren 40er Jahren am „Dreckigen Weiher" meines Großvaters, des Kremers-Bauern, bei der „Röhrbruckn" drunten. Der Allis fischte in den letzten Schlammlöchern wohl nach einigen Schleien. Das war in dem mit Quellen nur so bestückten Weiher nicht ganz ungefährlich, und so lagen zur schnellen Hilfeleistung immer die Bretter vom Bauernwagen bereit. Beim Wühlen im Schlamm schrie der Allis kurz auf, ein „Viech" hatte ihn gezwickt, sogleich schleuderte er es in das am Weiherdamm glimmende Feuer, das zum Wärmen in diesen kalten Novembertagen geschürt wurde. Mir, dem Zehnjährigen, tat der schlangenartige Fisch leid. Ich stützte ihn mit einem Zweig aus der Glut und brachte ihn in sein Lebenselement zurück. Diese „gute" Tat nutzte freilich dem Miestheinkl nichts mehr. Ich verstand das aber damals noch nicht.

Wenn jedoch meine Mutter und die Großmutter vorwurfsvoll zu mir sagten: „Du bist doch a rechter Miestheinkl", wußte ich, was sie damit meinten. Wir Buben des Ortes kamen damals halt nicht als die Saubersten nach Hause.

„Miestheinkl": fränkische Bezeichnung für den Schlammpeitzker zu den karpfenartigen Fischen zählend, lateinisch Misgurnus fossilis.

Wer so lebt und dessen Namen ein „Mis" beinhaltet, ist im wahrsten Sinn ein „Miestheinkl".

6. Karpfenzucht in Röttenbach

Gemeindeordnung 1615

Schon zur damaligen Zeit mußte die Gemeinde eine Anzahl von Weihern in Besitz haben.

Diese Weiher wurden in Gemeinschaftsarbeit gereinigt. Um Michaeli (29. September) wurde gefischt, und zwar folgendermaßen:

Der Ertrag wurde dann nach der Anzahl und Größe der Gemeinderechte verteilt oder zu Gunsten der Gemeinde verkauft.

Während der Zwischenzeit der Räumung der Weiher mußten die Dorfmeister für neuen Besatz sorgen, damit die Gemeinde von ihrem Fischrecht Gebrauch machen konnte.

Fischerei-Verkaufs-Vereinigung Röttenbach - 1903-1910

Um den Weiherbesitzern bessere Absatzmöglichkeiten für ihre Erzeugnisse zu verschaffen, wurde am 9. August 1903 in Höchstadt die Fischerei-Verkaufs-Vereinigung mit Sammelstelle in Röttenbach gegründet.

In dieser Versammlung wurde ein Ausschuß von 5 Mitgliedern gebildet. Er bestand aus folgenden Personen:

1. Adam Güthlein, Ökonom in Röttenbach als Vorstand

2. Heinrich Nüßlein, Pfarrer in Röttenbach

3. Adam Lunz, Ökonom in Förtschwind

4. Johann Adam Dittrich, Ökonom in Wiesendorf

5. Josef Schwarz in Poppenwind.

17 Mitglieder sind unterschrieben, darunter von Röttenbach: Georg P. Güthlein, Adam Baumüller, Anton Haagen, Johann Böhm.

Diesen schlossen sich am 17. August 1903 18 Mitglieder an. Unter diesen waren von Röttenbach: M. Schwab, L. Müller 53, Kath. Müller 70, Johann Keiner, Johann Leonhard Marr, Johann Müller 18, Johann Bärthlein, Maria Späth; von Hemhofen: Johann Grau, J. Gg. Schwab, Winkler von Mohrenfels.

Am 1. September 1903 schloß man sich dem Kreisfischereiverband von Oberfranken in Bayreuth an. Dieser Verein hatte aber keine lange Lebensdauer.

Durch Beschluß der Generalversammlung vom 21. Dezember 1910 wurde der Verein aufgelöst. Liquidatoren waren die 3 Vorstandsmitglieder.

Der Grund läßt sich aus verschiedenen Briefen ersehen.

Schon 1906 zeigten die Rechnungen einen Verlust von 1.821,74 RM (Reichsmark).

Im Jahre 1908/09 hatte man einen Verlust von 168,70 RM.

Zu diesen Verlusten kamen die Prozesse, die der Verein führen mußte.

Während dieser Zeit wurden die Fische geliefert nach: München, Coburg, Schwabach, Erfurt, Gotha, Suhl, Gera, Neuhaus, Chemnitz.


Karpfengedicht von Hr. Rosenzweig

Karpfenzeit
(Eine fränkische Tragödie)

1.Strophe
Wenn's Laub sich purpurrot verfärbt,
und die Monate das „R" geerbt,
der Nebel aus den Wiesen steigt -
dann ist sie da - die Karpfenzeit.
Den Spiegelkarpfen graut's schon sehr,
denn bald sind alle Weiher leer,
dann werden sie gefangen sein,
schwupp, geht es in die Netze rein.
Nun schwimmen sie im Tanklastwagen,
den Fischen geht's bald an den Kragen.
Im Wirtshaus sehn' sie ganz entsetzt,
wie Franz der Koch das Messer wetzt.

Refrain:
Wo'd Leit noch uebern' Nachbarn tratschen,
am Sunntoch frueh zur Kergn' hinlatschen,
der Pfarrer macht die Politik
und's Waehlerkreuz zum Himml schickt,
wosd' rauskummst aus'm Steigerwald,
der Ruf des Kuckucks weithin schallt,
da bist du dann, das ist bekannt,
im wunderschönen Frankenland.

2. Strophe
Der Burchermaster und der Manni,
der Pfarrer und der Holzmann's Hanni,
die spieln' an Vierer-Schafkopf heit,
was alle vier so richti g'freit.
Seit halba zehna hockn's scho',
beim Fuchsn'- Wirt am Stammtisch do.
Fuenf Zwetschgnschnaps, fuenf Seidla Bier,
die sind ein Lebenselexier.
Recht lusti geht's am Stammtisch her,
den Ueberblick hat kaner mehr.
Der Manni uebt den Ententanz,
der Pfarrer bet' den Rosenkranz.

Refrain:
Wo's Scheufala schee knusprig schmeckt,
der Gast die Soss vom Teller schleckt,
der Wirt sei Bier noch selber braut
und selber stampft sei Sauerkraut,
wosd' rauskummst aus'm Steigerwald,
der Ruf des Kuckucks weithin schallt,
da bist du dann, das ist bekannt,
im wunderschönen Frankenland.

3. Strophe
Punkt Zwoelfa is, die Glockn' leitn',
des Mittagessen kummt beizeiten.
Der Burchermaster haelt sei Red':
„...wie gut es heit dem Manni geht,
weil der doch heit Geburtsdoch hat,
drum werdn' wir a alle satt,
der Manni,der soll g'scheit hoch leben,
so lasst uns unsern' Kruch erheben,
trinkt's aus ihr Leit und Prost numal,
trinkt's aus, sonst werd des Bier no schal,
trinkt's aus und sauft's etz wie die Reiher,
oh Manni, werd dei Zech' heit teier."

Refrain:
Wo drausn'vor dem Kerwaszelt,
man immer nu an Bamm aufstellt,
die B'soffna sich die Köpf einschlogn'
und sich danach wieder vertrogn',
wosd' rauskummst aus'm Steigerwald,
der Ruf des Kuckucks weithin schallt,
da bist dann, das ist bekannt,
im wunderschönen Frankenland.

4. Strophe
A grosser Karpfn', goldbraun backn',
fuellt nun dem Manni seine Backn'.
Die Schnipsel von dem Krautsalat,
die haenga ihm im Implantat.
Vom Bier a Schluck, vielleicht auch zwei,
schlingt er hinab den Speisenbrei.
A Karpfengraet'n – zum Verrecken,
bleibt ihm dabei im Halse stecken.
Der Manni hustet, prustet, wuergt,
dass der uns fei bloss net derstickt!
Der Pfarrer schnell zum Heiland bet',
mit'm Manni es zu Ende geht.

Refrain:
Wo meist des ganze Dorf zamkummt,
wenn g'schlogn hat die letzte Stund,
wo'd Leit noch ihre Toten ehren,
dem Leichenschmaus sich nicht verwehren,
wosd' rauskummst aus'm Steigerwald,
der Ruf des Kuckucks weithin schallt,
da bist du dann, das ist bekannt,
im wunderschönen Frankenland.

Vielen Dank dafür an Hr. Rosenzweig.